Einzelfallarbeit

Derzeit setzt sich die Gruppe Oberursel für zwei Personen ein, die im Gefangenenlager auf dem US-Militärstützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba inhaftiert sind.

Der Fall Ammar Al-Baluci

Ammar al Baluchi
© Internationales Komitee vom Roten Kreuz

Dem in Kuwait geborenen Ammar al-Baluchi (in den offiziellen US-Dokumenten als Abd Al-Aziz Ali und pakistanischer Staatsangehöriger geführt) droht im Zusammenhang mit seinem Prozess vor der sog. Militärkommission auf dem US-Marinestützpunkt in Guantánamo Bay, Kuba, die Todesstrafe. Ihm wird vorgeworfen, Geld an Männer überwiesen zu haben, die später an den Entführungen der Flugzeuge beteiligt waren, die bei den Anschlägen vom 11. September 2001 benutzt wurden. Er wurde am 5. Mai 2012 angeklagt, aber sein Verfahren steckt bis heute in der Vorphase.

Im April 2003 wurde Ammar in Karachi, Pakistan entführt und in US-Gewahrsam genommen. In den folgenden knapp drei Jahren (insgesamt 1200 Tage) setzte die CIA ihn dem Verschwindenlassen aus, indem sie ihn an verschiedene Geheimgefängnisse (“Black Sites”) verbrachte. Während dieser Zeit wurde Ammar von den CIA-Behörden im Verhör brutal gefoltert. Zu den Folterungen, die er erdulden musste, gehören dem Waterboarding ähnelnde Methoden der Wasserfolter, kontinuierliche Musikbeschallung in hoher Lautstärke, extremer Schlafentzug, Entblößung und Schläge, die zu einer schmerzhaften traumatischen Hirnverletzung geführt haben.

Ammar wurde 2006 in das Gefängnis von Guantánamo Bay verlegt, wo er sich bis heute befindet. Es muss davon ausgegangen werden, dass er weiterhin an Symptomen wie Schlafstörungen und starken körperlichen und psychischen Schmerzen leidet. Dies beeinträchtigt Ammars Fähigkeit, sich effektiv an seiner eigenen Verteidigung zu beteiligen. Zum Leidwesen von Ammar al-Baluchi und anderen Personen, die im Rahmen des geheimen CIA-Gefangenenprogramms gefoltert wurden, haben die USA ihre Anwendung von Folter aktiv vertuscht. Die Erfahrungen von Ammar und anderen Gefangenen wurden als streng geheim eingestuft. Dies macht es Ammar unmöglich, die Dinge, die er gefühlt, gesehen und erlebt hat, mitzuteilen. Und obwohl die CIA Ammars Foltererfahrungen als geheim eingestuft hat, wurden offenbar geheime Informationen über Ammars Folter von der CIA an die Filmemacher des Hollywood-Films “Zero Dark Thirty” weitergegeben.

Der Fall Toffiq Al-Bihani

Der Jemenit Toffiq al-Bihani ist seit Anfang 2003 im US-Gefangenlager Guantánamo inhaftiert (Aufnahme von 1992). © Private

Der jemenitische Staatsangehörige Toffiq Nasserahmed al-Bihani (alternative Transkriptionen Tawfiq oder Talfiq Nasir Ahmed) wird seit nun mehr als 20 Jahren ohne Anklage oder Prozess in Guantánamo festgehalten.

Al-Bihani sitzt seit Anfang 2003 im Gefangenlager, nachdem er zwischen 2001 und 2002 von der iranischen Polizei in Zahedan mit der Begründung verhaftet wurde, sich „illegal im Land aufzuhalten” und Ende 2002 fast zwei Monate (50 Tage) in geheimer CIA-Haft in Afghanistan untergebracht war. Hier, so der Senate Select Committee on Intelligence, wurden die Häftlinge in völliger Dunkelheit gehalten, Wachen überwachten die Häftlinge mit Scheinwerfern und beschallten die Häftlinge in der Einrichtung mit lauter Musik. Während sie in ihren Zellen waren, wurden die Häftlinge an die Wand gefesselt und bekamen einen Eimer als Toilette zur Verfügung gestellt. Einige Zellen wurden die Häftlinge mit den Händen über dem Kopf gefesselt, sodass sie zum Stehen gezwungen waren und ihnen somit kein Schlaf möglich war.

Die US-Behörden haben deutlich gemacht, dass sie nicht die Absicht haben, Toffiq wegen irgendeiner Straftat anzuklagen. Er klagte gegen seine Gefangenschaft vor einem U.S. Bundesgericht (mit einer sog. habeas corpus petition), doch der mit der Sache befasste Richter hielt seine Gefangenschaft im September 2010 für rechtmäßig. Die Guantanamo Review Task Force empfahl 2010 seine Repatriierung in den Yemen, sofern sich die Lage im Land stabilisiert. Da die US-Regierung die Bedingungen im Yemen als verschlechternd betrachtete, versuchte die Obama-Administration Aufnahmeabmachungen mit anderen Golfstaaten zu schließen. Seither hat sich in seinem Falle nichts getan. Ghaleb, sein Bruder, der ebenfalls in Guantanamo verhaftet war, wurde im Januar 2017 in den Oman verbracht und freigelassen.

Mitglieder von Amnesty International weltweit fordern die US-Regierung auf, ihn aus Guantánamo freizulassen, alle vergleichbaren Inhaftierungen im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen zu beenden und das Gefangenenlager zu schließen. Die unbefristete Inhaftierung ohne Anklage durch die US-Regierung als Reaktion auf den 11. September 2001 war von Anfang an rechtswidrig. Dieses Haftregime muss beendet werden, und jeder Vorschlag zu seiner Fortsetzung oder Ausweitung muss verurteilt werden. Die Straflosigkeit der Verantwortlichen in Bezug auf Folter, Verschwindenlassen und andere Menschenrechtsverletzungen darf nicht hingenommen werden.